Unfälle am Auge bzw. Augenverletzungen:

Was ist bei Unfällen am Auge zu beachten ?

Zunächst einmal: Auch wenn die Augen das vielleicht wichtigste Sinnesorgan sind, bei schweren sonstigen Verletzungen nach einem Unfall, immer zuerst um die lebensbedrohenden Verletzungen kümmern. Dann erst um die Augen. Erst mal muß man überleben, dann geht es um das Augenlicht !

Sind die anderen Verletzungen nicht von so großer Bedeutung oder sind nur die Augen betroffen, was muß ich dann tun ? Im folgenden einige Beispiele:

Augenverletzungen

Laugen und Säuren im Auge:

Bei den sogenannten “Verätzungen” handelt es sich um den wichtigsten und eiligsten Notfall am Auge. Bis ein Notarzt oder sonstiger Fachmann eingetroffen ist, ist es längst zu spät. Es muß sofort gespült werden. Ziel ist das Verdünnen und Wegspülen der eingedrungenen Substanzen. Am ehesten vorhanden ist meist Leitungswasser, ggf. kann man auch Kochsalz- oder Ringerlösung nehmen. Falls dies unterwegs nicht möglich ist, tut es aber auch Mineralwasser oder im schlimmsten Fall auch z.B. lauwarmer Tee, Cola, Limonade oder Bier. Die Kohlensäure bei letzteren Getränken wirkt, zumindest bei Laugenverätzungen, neutralisierend. Hauptsache die Spüllösung ist wässrig, sauber und vorhanden. Milch und Milchprodukte dürfen nie als Spülmittel benutzt werden, da sie das Eindringen der Chemikalien in das Auge fördern und es verkleben. können. Das Auge wird mit den Fingern - ohne Druck auf das Auge selbst - aufgehalten und man lässt vorsichtig Wasser darüberlaufen, um die ätzenden Lösungen weg zu spülen. Der Kopf muß beim liegenden Patienten dabei nach der betroffenen Seite geneigt sein, daß heißt man spült von der Nase zum Ohr, da man sonst die Lösung auch noch in das andere Auge laufen lässt. Natürlich nicht mit vollem Wasserdruck unter dem Wasserhahn, dann würde man zusätzlich verletzten. Entscheidend ist nicht der Schwung, sondern das gleichmäßige Spülen. Sind zusätzlich feste “Krümel” im Auge, können diese mit einem Taschentuch oder einem angefeuchteten Wattestäbchen entfernt werden. Den Hornhautbereich (“das Klare vor dem Bunten”) dabei aber in Ruhe lassen ! Hier kann man sonst zusätzlich verletzen (siehe “Erosio” unter Druckschmerzen am Auge). Hat man so viel gespült, daß der ursprüngliche Stoff größtenteils weg sein müßte (je höher konzentriert desto länger ! Bei Laugen mindestens eine Viertelstunde !), sofort zu einem Augenarzt oder einer Augenklinik fahren, um dort die Weiterbehandlung durchführen zu lassen.

Hinweisschild Augendusche

Im Laborbereich z.B. gibt es vorgefertigte Augenspülflaschen, die nur auf das offene Auge gehalten werden müssen. Oben auf dem Bild sieht man ein Hinweisschild für so eine “Augendusche” und unten so eine Spülflasche, die auf das geöffnete Auge gedrückt wird (siehe Schema auf der Flasche). Ideal zur Behandlung von Verätzungen ist Previn-Lösung. Die Häufigkeit schwerster Augenverätzungen in Deutschland beträgt 200 pro Jahr.

Augenspülflasche

Stumpfe Gegenstände sind aufs Auge geprallt:

Meist wird ja nur der umgebende Knochen getroffen. Dann hat man Prellungen und Blaufärbungen (Blutergüsse = Hämatome) im Augenbrauenbereich oder im Bereich des Jochbeins (der hohe Wangenknochen seitlich unter dem Auge). Da die Lidhaut leicht verschiebllich und nicht gut mit der “Unterlage” verwachsen ist, läuft das Blut häufig unter die Lidhaut und das Auge wirkt manchmal mehr mitgenommen als es ist.

Bluterguß im Lidbereich nach Augenbrauenplatzwunde

Hier ist die eigentliche Verletzung an der Augenbraue und die Augenumgebung ist zwar bunt, weil das Blut unter der Haut dort hingelaufen ist, aber weder das Auge selber, noch die Lider sind verletzt.

Lidhämatom

Auch wenn dieses Bild gefährlicher aussieht, es ist der gleiche Mechanismus wie oben. Lediglich ein kleines Blutgefäß unter der Augenbraue ist geplatzt (siehe die kleine Schürfwunde) und hat hier das ganze Oberlid vollgeblutet. Das Auge selber hatte keinerlei Schaden, da der Treffer noch auf der Knochenwand gelandet ist und den Druck vom Augapfel fortgehalten hat

Im Zweifelsfall ist ein Chirurg zuständig, um Wunden zu nähen oder Knochenbrüche auszuschließen. Sind die Lider selber verletzt, sollte es allerdings ein Augenchirurg sein. Ist das Sehen jedoch verschlechtert, die Lider blau, das Auge blutunterlaufen oder besteht auch nur entfernt der Verdacht, daß das Auge auch gestaucht wurde (z.B. Tennisball, Squashball, Sektkorken, Schläger, Schneeball etc.), sollte man sich schonen (Kopf nicht zu viel bewegen) und am gleichen Tag noch einen Augenarzt aufsuchen. Ein typisches - selbst auch zu überprüfendes - Zeichen, daß das Auge selber geprellt wurde ist es, wenn die Pupille sich auf Licht (Taschenlampe nehmen) nicht mehr oder deutlich langsamer als auf der anderen Seite zusammenzieht. Wird der Augapfel arg gestaucht, kann es zu Einrissen im Auge mit Blutungen im Auge (Vorderkammer oder im Glaskörper) kommen, die der Laie evt. nicht erkennt.

Vorderkammereinblutung

Einblutung in die Vorderkammer (dem flüssigkeitsgefüllten Raum zwischen Hornhaut und Iris) bei äusserlich intaktem Auge. Das wird vom Laien leicht bei rundherum "buntem" Auge übersehen. Das Sehen muss dabei noch nicht mal stark verschlechtert sein. Glaskörperblutungen hinter der Pupille kann sowieso nur der Fachmann mit Ultraschall oder der Spiegelung des Augenhintergrundes entdecken.

Auch Risse in der Augenwand (Sklera = Lederhaut sind möglich und müssen versorgt werden. Recht häufig bleibt der Augapfel äußerlich intakt aber durch den Aufprall wird das Auge plötzlich nach hinten geschoben, der Druck in der knöchernen Augenhöhle steigt und die dünnste Wand der Augenhöhle, der Orbitaboden, bricht. Man spricht von Orbitabodenfraktur oder "Blow-Out-Fraktur". Ursache sind meist die unter Stauchung oben erwähnten Gegenstände. Das Auge kann dann nach Rückgang der Schwellung absacken und es entstehen Doppelbilder. Der Mund-Kiefer-Gesichtschirurg muss dann den Boden der Augenhöhle operativ stabilisieren. Insofern sind auch Doppelbilder nach einer Augenverletzung dringend kontrollbedürftig. Näheres zu Sportunfällen mit ihrer 50%igen Wahrscheinlichkeit von stumpfen Prellungsverletzungen des Auges auch unter Augen und Sport:.

Spitze Gegenstände haben das Auge und/oder seine Umgebung verletzt:

Spitzer Metallsplitter, der durch die Hornhaut in die Iris - also in das Auge - geflogen ist und dort feststeckt. Sehr unauffällig, kaum schmerzhaft nach dem Aufprall aber unbedingt operativ zu entfernen, das sonst Bakterien im Auge das Auge zerstören.

Wenn nichts mehr in der Wunde steckt und weit vorsteht, eine sterile 10x10er Kompresse aus dem Verbandskasten nehmen, das Auge verbinden und ab in die Klinik (Fall oben). Steckt noch Draht oder dergleichen im Augapfel, nicht dran ziehen oder "fummeln" und evtl. unverbunden direkt in die Klinik. Dabei das Auge soweit möglich offenhalten. Dort wird dann der Fremdkörper entfernt, die Verletzung genäht und ggf im Rahmen eines glaskörperchirurgischen Eingriffs, das Auge und seine Bestandteile wieder “repariert”. Sind andere Bereiche des Augapfels betroffen als die hochschmerzempfindliche Hornhaut, kann es durchaus sein, dass man kaum Schmerzen hat. Deswegen im Zweifel immer kontrollieren lassen. In Deutschland kommt es zu 3200 augapfeleröffnenden Verletzungen pro Jahr, die meist mit dauerhaften schweren Schäden für das Auge verlaufen.

Irgendetwas ist ins Auge geflogen und ich bekomme es nicht mehr auf oder es schmerzt:

Wenn es nur etwas Kleines war (Sandkorn, Insekt etc.) bei geschlossenem Auge von aussen oben Richtung Nase nach unten über das Oberlid reiben (beim Unterlid von aussen unten nach oben zur Nasenwurzel hin). Dies so lange wiederholen, bis man den Fremdkörper mit dem Finger, einem feuchten Wattestäbchen etc. vorsichtig aus dem Bindehautsack (die Nische zwischen Lid und Auge) entfernen kann (Nie die Hornhaut berühren). Manchmal hilft auch ein kalter nasser Waschlappen auf dem geschlossenen Auge und etwas Geduld und der Fremdkörper “heult” sich heraus. Vor allem Insekten aber auch andere kleine Fremdkörper sitzen auch gerne unter dem Lid, stören massiv und sind so gar nicht zu sehen. Dann hilft es das Oberlid umzuklappen (Ektropionieren). Wie das geht wird auf der Seite über die Druckschmerzen gezeigt. Bei scharfen Fremdkörpern, wie z.B. Glassplittern, natürlich nicht reiben !

metallischer%20Hornhautfremdk%C3%B6rper

In der Hornhaut steckender metallischer Fremdkörper

Wird das alles so nicht besser, oder lässt sich der Fremdkörper nicht entfernen und die Schmerzen halten an, sollte man einen Augenarzt aufsuchen. Keine Panik, so schnell geht so ein Auge nicht kaputt ! Wichtig ist hier auch die Vorbeugung. Beim Arbeiten mit schnell drehenden Maschinen immer eine Schutzbrille tragen. Eine Radfahrbrille mit herumgezogenen Seiten erspart einem auch manchen Verdruß, wenn ohne sie mitten auf der Radtour die Fliege nicht mehr raus will. Weiteres siehe auch unter Druckschmerzen und Rotes Auge.

Unfälle mit Lasern:

In der Industrie, der Medizin, der Unterhaltung (Lasershows) und privat (Laserpointer) werden immer mehr Laser eingesetzt. Ab einer bestimmten Lichtstärke ist der Blinzelreflex nicht schnell genug, um das Lid zu schließen, bevor eine Brandwunde auf der Netzhaut eintritt. Deswegen sollte man ungeschützt (Laserschutzbrille) eigentlich alle Laser meiden, die mehr als 1mWatt Leistung (einfacher in Deutschland frei erhältlicher Laserpointer) haben. Leider gibt es inzwischen - vor allem über das Internet - auch viel stärkere zu kaufen. Hier gibt es dann keine Möglichkeit den einmal entstandenen Schaden zu reparieren. Also nicht damit herumspielen und“Finger und Augen weg” !!! Besteht der Verdacht auf eine Verletzung des Auges mit einem Laserstrahl, sollte sofort ein Augenarzt konsultiert werden und dieser sollte eine Fluoreszenzangiographie durchführen.

Unfälle mit Sylvesterböllern:

Feuerwerksk%C3%B6rper

Symbolbild Feuerwerk: depositphotos.com

Vor allem zu Sylvester passieren immer wieder Unfälle mit Knallkörpern. Privat gezündetes Feuerwerk verursachte in den Jahren 2016-2019 in Deutschland bei rund 1400 Menschen registrierte Augenverletzungen. Besonders betroffen sind Kinder,Jugendliche und Unbeteiligte. 36% waren minderjährig, 60% junge Erwachsene und über 60% waren bloss Zuschauer bzw. Passant. Bei den Minderjährigen waren es vor allem Knallkörper und bei den jungen Erwachsenen Raketen. 20% der Betroffenen erwischte es an beiden Augen, bei 30% kommt es zu zusätzlichen Verletzungen im Gesicht und 23% sind so schwer verletzt (Prellungen oder Risse im Augapfel oft kombiniert mit Lidverletzungen), dass ein stationärer Aufenthalt notwendig ist. Von diesen Schwerverletzten müssen 40 % mit einer dauerhaften Seheinschränkung und Narben oder Folgeoperationen rechnen. Vor allem Jugendliche, die nicht explodierte Knallkörper aufsammeln und die dann zu kurze Zündschnur noch mal zünden aber auch Erwachsene, die nicht zugelassene zu explosionsstarke Böller ("Polenböller") zünden, erleiden nicht nur Handverletzungen bis zum Verlust von Fingern, sondern auch schmerzhafte Schwarzpulvereinsprengungen in die Hornhaut oder Risse im Auge durch die Explosionswirkung. Bei Schmerzen und Sehabfall am Auge nach so einer Explosion sollte man immer einen Augenarzt bzw. eine augenärztliche Notfallambulanz aufsuchen. Abgesehen vom Einhalten des Sicherheitsabstandes sollte man beim Zünden von Sylvesterfeuerwerk besser eine im Baumarkt erhältliche Schutzbrille tragen.

Probleme bei Kleinkindern:

Babys und Kleinkinder können sich nicht so genau äußern, wenn nach einem Unfall, das Sehen plötzlich ein anderes ist. Auch zum Hergang des Unfalls, dessen Beschreibung bei der Diagnose helfen würde, sind keine genauen Informationen zu bekommen. Schmerzen fallen da schon eher auf, da das Kind dann unruhig und weinerlich ist. Die Untersuchung von Kindern ist schwierig und bedarf Geduld und evtl. einer Narkoseuntersuchung. Auch an die Augen denken muß man bei einem Schütteltrauma (Shaken-Baby-Syndrom), bei dem jemand ein ihm zu viel schreiendes Kind so geschüttelt hat, daß Folgeschäden bis zum Tod auftreten können. Hier gibt es Blutungen unter der Netzhaut, die ggf. operativ entfernt werden müssen, um eine dauerhafte Schwachsichtigkeit zu verhindern.

Was sind die häufigsten Ursachen für Verletzungen der Augen ?

Früher waren Holzsplitter wesentlich häufiger, heute zeigt sich bei den Ursachen für Augenverletzungen ein starker Trend vom Arbeits- zum Freizeitunfall. In einer Studie wurden als Hauptursachen zurückschnellende Äste, Squash-, Minigolf- und Golfbälle sowie Sektkorken genannt. Bei Sektkorken sind wir sogar “führend”. In Deutschland kommt diese Verletzungsart 100mal häufiger vor als in den USA. Aber auch in Deutschland gibt es regionale Besonderheiten. Während in den Alpen “Sticheleien mit Skistöcken” eine häufige Verletzungsursache sind, ist in Norddeutschland der “Gummischnapper-Unfall” auf Segelbooten typisch. Schnittverletzungen durch Autounfälle haben durch die Anschnallpflicht stark abgenommen. 3 % aller Augenverletzungen sind sportbedingt (s.auch Sport und Auge), ca. 12.600 passieren pro Jahr beim Schulsport - ein Anstieg von über 40 % innerhalb von 10 Jahren. Bei erwachsenen Sportlern führen 1/3 der Augenunfälle zu schweren Verletzungen und 10 % der verletzten Augen erblinden. Hier könnte die Anpassung einer Sportbrille oder von Kontaktlinsen einiges verhüten. Bei den Arbeitsunfällen (2018: 786.803) traten in 1,9% (15.019) dieser Unfälle Augenverletzungen auf. In der Folge verloren 38 Patienten dauerhaft ihre Sehfähigkeit.

Wie kann ich so etwas verhindern ?

Am besten bei allen Aktivitäten, die dem Auge gefährlich werden können, eine passende Schutzbrille tragen (siehe auch unter Vorsorge).

Übrigens:

Auch die Augen können Ursache für Unfälle sein. Insbesondere beim Grauen Star, beim Grünen Star und bei der Makulopathie ist die Sturzhäufigkeit und das Risiko für Knochenbrüche deutlich erhöht.

(Stand 20.03.2024)